Lange war es geplant, lange hatte ich Angst davor. Und am Ende war doch (fast) alles gut. Ein Urlaub in Italien mit dem Camper. Dank meiner wunderbaren Frau konnte er stattfinden, denn ich war leider nicht in der Lage, die Reiseroute zu planen und die Campingplätze zu buchen. Diese Ungewissheit, wie der Verkehr in Italien sein mag, wie die sanitären Anlagen unterwegs und vor allem auf den Campingplätzen sind. Was soll man tun, wenn man im Ausland eine Panne hat oder einen Unfall? Oder irgendwie sonst mit den Behörden (insbesondere Polizei) zu tun hat? Und ich bin ja auch nicht die einzige Person in der Familie, die mit ihrer Neurodivergenz klarkommen muss. Also viele Faktoren, die eigentlich gegen eine solche Reise gesprochen haben, aber am Ende bin ich doch froh, dass wir uns getraut haben.
Die Route
Unsere Route führte uns über einen kleinen mittelhessischen Ort, wo meine Omma wohnt, zunächst nach Schaffhausen, dann nach Genua. Der nächste Aufenthalt war in Levanto geplant, dann weiter nach Florenz und danach Venedig. Anschließend über Füssen wieder nach Hause. Insgesamt zehn Reisetage.
Erster Schreck
Nachdem wir den VW California Beach (ich nenne ihn der Einfachheit “Bulli”), den wir von meiner Schwiegermutter zur Verfügung gestellt bekommen haben, voll bepackt hatten, konnte die Reise losgehen. Zunächst war ein Stopp bei meiner Omma in Mittelhessen geplant. Die Kinder haben ihre Ur-Oma schon lange nicht mehr gesehen. Außerdem sind lange Autofahrten anstrengend und es ist schön, wenn man eine (Übernachtungs-)Pause bei geliebter Verwandtschaft einlegen kann. Keine 40 km vor dem Ziel kam dann der erste Schreck. Es zog mal wieder ein egoistisches Ar… ähm… ein unaufmerksamer Verkehrsteilnehmer direkt vor uns und ich musste stark abbremsen und irgendwie in einen vernünftigen Gang runter schalten, dass wir weiterfahren konnten. Das hatte allerdings zur Folge, dass im Cockpit des Bullis ein Warnlämpchen blinkte. Laut Handbuch eine Störung des Motorsteuerungscomputers, die es erforderlich mache, umgehend eine Vertragswerkstatt zu konsultieren. Der Motor verlor tatsächlich einiges an Leistung, wurde unberechenbar und ich fuhr zur Sicherheit vorsichtig mit Warnblinkern die paar Kilometer bis zur nächsten Ausfahrt auf dem Standstreifen. Als erfahrener Informatiker habe ich beim Stichwort “Computer” automatisch an Sprüche wie “Have you tried turning it off and on again?” oder “Reboot tut gut.” gedacht. Also angehalten, Motor aus, eine Minute gewartet, Motor wieder an: läuft wie immer. Und, soviel kann ich verraten, er hat auch keine weiteren Probleme auf der gesamten Reise verursacht. Also nochmal Glück gehabt. Trotzdem haben wir zur Sicherheit am selben Abend noch eine Mitgliedschaft beim AvD abgeschlossen. Denn dieses Erlebnis war doch sehr beunruhigend.
Rheinfall in Schaffhausen
Unsere erste richtige Station war der Rheinfall in Schaffhausen. Erwartungsgemäß haben es die Preise in der Gastronomie dort in sich. Eine Kugel Eis kostet bspw. 4 CHF (also entsprechend ca. 4 €). Und wenn man einen “besseren” Ausblick auf den Rheinfall genießen möchte, wird man natürlich auch zur Kasse gebeten. Aber sehenswert ist es allemal und das Eis war auch nicht schlecht…



Genua

Die erste Station auf italienischem Boden hatten wir in Genua. Wir kamen an bei sehr schwülem Wetter und der Weg zum Campingplatz führte uns durch relativ enge Straßen ziemlich weit nach oben auf den Berg. Da wir recht spät dran waren, stellten wir unseren Camper nur schnell ab und machten uns auf den Weg zur Pizzeria “Maninfarina da Leo“, wo wir einen Platz reserviert hatten. Eine Reservierung war auch nötig, denn sie ist schon recht klein und auch bei den Einheimischen beliebt. Wie erwartet war die Pizza fabelhaft. Um den Abend ausklingen zu lassen, gingen wir noch an den (leider nicht sehr sauberen) Strand.


Am nächsten Morgen mussten wir ziemlich schnell aufbrechen. Da es einen ordentlichen Regenschauer gab, sparten wir uns das Frühstück unter freiem Himmel und fuhren zum “Marina Porto Antico Genova”, dem alten Hafen. Leider gestaltete sich die Parkplatzsuche nicht ganz so einfach, denn mit einem Bulli passt man eher nicht so gut in die niedrigen Parkhäuser. Letztendlich fanden wir einen zwar engen, aber im Schatten liegenden Platz. Das war dann am Ende auch noch ein Problem mit dem Ausparken, denn auf beiden Seiten standen die Autos dicht und nach Hinten war zu wenig Platz zum Rangieren. Immerhin mussten wir nur eine knappe Stunde warten, bis eines der beiden Fahrzeuge neben uns wegfuhr und wir raus kamen.
Die Altstadt von Genua ist sehenswert und eine Tour mit der Bimmelbahn empfehlenswert. Es gibt im Hafen einen authentischen Piratenschiffnachbau, die “Neptune”. Dieses Schiff wurde für den Film “Piraten” von Roman Polanski im Jahre 1986 nach dem Vorbild spanischer Linienschiffe aus der Zeit 1680 bis 1710 erschaffen. Leider habe ich es in Genua nicht geschafft, aussagekräftige Fotos zu machen. Deshalb gibt es hier hauptsächlich Schnappschüsse vom Schiff.








Chinque Terre
Die Reise führte uns an dem Tag dann weiter nach Levanto. Der Campingplatz “Collina San Michele” erwies sich als Schmuckstück. Wir wurden herzlich empfangen, sehr freundlich betreut und beraten. Die Ausstattung war tadellos und wir waren froh, dass wir dort zwei Nächte geplant hatten. Der Campingplatz bietet ein kostenloses Shuttle zur Stadt an, welches wir am nächsten Tag auch gerne in Anspruch genommen haben, um von dort aus den Zug zu den “Chinque Terre” zu nehmen. Eigentlich wollten wir die Schiffstour machen, wegen des starken Seegangs aufgrund des unbeständigen Wetters fuhren die Schiffe leider nicht. Also fuhren wir mit dem Zug bis nach Riomaggiore und über Monterosso al Mare, wo es eine sehr leckere Pizza im “Lapo’s Restaurant” gab, wieder zurück. Die anderen Dörfer Vernazza, Corniglia und Manarola haben wir wegen Zeit und ungeduldiger Kinder ausgelassen.




Florenz
An Tag 5 fuhren wir weiter nach Florenz. Untergekommen sind wir auf einem großen Campingplatz “hu Firenze Certosa camping in town“. Der Platz ist in sehr gutem Zustand und hat, wegen des Pools, den Kindern so gefallen, dass wir unseren Aufenthalt dort spontan um einen Tag verlängert haben. Der erste Tag dort war dann auch ein ganz entspannter Pool-Tag. Am nächsten Morgen haben wir dann den kostenlosen Shuttlebus in die Stadt genommen und uns Florenz angesehen. Ehrlich gesagt war ich etwas enttäuscht. Florenz wird als eine der schönsten Städte bezeichnet, aber das liegt vermutlich auch im Auge des Betrachters. So schön fand ich es gar nicht. An vielen Ecken stank es, es gab unzählige Ramschhändler, die die vielen Touristen um ihr Geld bringen wollen und es war teuer. Aber Florenz hat trotzdem einige schöne Ecken und eine Gelateria, bei der es ganz vorzügliches Eis gibt: “Perchè no!…” (“Warum nicht!…”)





Venedig
Die letzte italienische Station war für uns Venedig. Dort hatten wir ursprünglich zwei Nächste geplant, aber durch den längeren Aufenthalt in Florenz musste hier eine Nacht dran glauben. Das war auch nicht weiter schlimm, denn unser Campingplatz hatte leider seine besten Tage schon hinter sich. Immerhin lag er nahe an den Fähranlegern für die Fähren zum Strand Alberoni und zur Altstadt. Unseren Anreisetag nutzten wir dann auch ausgiebig für Erholung am Strand. Der Strand ist ein Sandstrand, sehr sauber (auch der kostenlose, öffentliche Teil) und das Wasser ist sehr weit sehr flach und war an dem Tag auch schön warm.

Am nächsten Tag haben wir früh den Campingplatz verlassen und sind in die Altstadt gefahren. Das ist auf jeden Fall eine Reise wert. Es waren gar nicht so viele Touristen unterwegs und – entgegen anderer Erfahrungsberichte – stank es dort auch nicht. Wir haben Venedig so ausführlich, wie wir es in der kurzen Zeit konnten, genossen, denn Abends mussten wir schon wieder zurück in Deutschland sein.






Schloss Neuschwanstein
In Füssen kamen wir am Abend in der Jugendherberge an. Der Temperaturunterschied war schon extrem. Wir sind in Venedig bei 34°C losgefahren und in Füssen lag die Temperatur bei 15°C. Am nächsten Tag mussten wir um 9 Uhr oben am Schloss Neuschwanstein sein, da wir nur noch für diese Zeit Tickets bekommen haben. Leider haben wir den Shuttlebus aus Hohenschwangau zum Schloss ganz knapp verpasst, also mussten wir, um es rechtzeitig zu schaffen, den Weg vom Parkplatz hoch zum Schloss im Eiltempo laufen. Für die Strecke, für die man sonst ca. 30 Minuten braucht, haben wir keine 15 Minuten benötigt. Ich bin so stolz auf meine Kinder, dass die das geschafft haben. Und natürlich hat sich die Anstrengung gelohnt. Die Führung durch das Schloss war interessant und überhaupt ist das Schloss so pompös und die Aussicht gigantisch.





Den letzten Tag haben wir dann nur noch für die Heimreise genutzt. Von Füssen bis Winsen sind es ja auch schlappe 790 km.
Erfahrungen
Der Verkehr in Italien ist was besonderes. Ich hatte ihn sehr chaotisch in Erinnerung, aber die Italiener sind tatsächlich sehr gute Autofahrer. Sie sind viel entspannter und rücksichtsvoller, als ich das von deutschen Straßen kenne. Der Unterschied war besonders an dem Tag zu spüren, als wir wieder Richtung Deutschland gefahren sind. Je näher wir an Deutschland kamen, desto höher wurde die Arschloch-Dichte. Diejenigen, die trotz Geschwindigkeitsbegrenzungen gedrängelt, rechts überholt, andere Fahrzeuge geschnitten oder sich sonst aggressiv verhalten haben, waren Fahrzeuge mit deutschen Kennzeichen (ok, und ein Österreicher). Ich hatte so viele Bedenken wegen des Verkehrs in Italien, aber die echte Herausforderung sind deutsche Straßen mit ihren aggressiven Fahrerinnen und Fahrern.